Jahresrückblick Magazin – Vom Rowdy zum Referee…

Joe Bechmann beim Neulingskurs: Vom Rowdy zum Referee…

Johannes „Joe“ Bechmann ist nicht nur ein knüppelharter Verteidiger, sondern seit kurzer Zeit auch offizieller Schiedsrichter. Den Neulingskurs zum 100. Jubiläum der Gruppe Bamberg meisterte der 32-Jährige mit Bravour. Hier berichtet er über seine Erfahrungen. Dazu sprachen wir mit dem Lehrwart der Bamberger Gruppe, Michael Demus. Ein Artikel aus der Kooperation mit unserem Medienpartner infranken.de.

 

 

 

Als Mitspieler eine Waffe, als Gegenspieler gefürchtet wie nur wenige: Johannes Bechmann hat sich als Fußballer den Ruf eines beinharten Verteidigers erarbeitet, der selten zurücksteckt, aber gern die Grenzen des Erlaubten auslotet – und diese oft überschritten hat. In der Saison 2015/2016 gab es deutschlandweit in den vier höchsten Spielklassen niemanden, der auch nur ansatzweise so viele Karten gesammelt hat wie der damals für den FC Schweinfurt 05 in der Regionalliga spielende Bechmann: Zwei Rote, zwei Gelb-Rote Karten und zwölf Verwarnungen weist die Sünderkartei in 24 Spielen aus.

 

Joe Bechmann (vo. li.), aktiver Bayernliga-Fußballer beim FC Sand, nahm am Schiedsrichter-Neulingslehrgang der Gruppe Bamberg teil.

 

Und nun sitzt er im Sportheim des FC Baunach und absolviert mit zwölf weiteren Frischlingen tatsächlich einen Schiedsrichter-Neulingskurs. Die Schiedsrichter-Gruppe Bamberg ist im 100. Jahr ihres Bestehens auf neue Referees dringend angewiesen. Jemand wie Joe Bechmann kommt da wie gerufen. Und wahrscheinlich gibt es nur wenige, die einen Rollentausch mit solchen Gegensätzen besser verkörpern können als er. Weil Joe Bechmann aber nicht nur Fußballer, sondern auch Mitarbeiter in der Sportredaktion des Fränkischen Tags ist, hat er sich gern bereiterklärt, an diesem Projekt teilzunehmen. Hier spricht er über seine Erfahrungen, wie sich sein Blick auf das Schiedsrichter-Wesen in kürzester Zeit gewandelt hat – und welche Linie er selbst als Referee vertreten würde.

 

Sie sollen einfach mal einen Schiedsrichter-Neulingskurs besuchen. Was haben Sie von der Idee zunächst gehalten?

Johannes Bechmann: Natürlich war ich am Anfang skeptisch, ob das Ganze so gut ist. Mit meiner Vorgeschichte und als aktiver Spieler hat man natürlich gewisse Vorstellungen oder auch Vorurteile gegenüber dem Typus Schiedsrichter. Das hat sich aber alles nicht bestätigt. Der Kurs fand auf einer lockeren Ebene statt. Obwohl die Regeln ja relativ trocken sind, hat Lehrwart Michael Demus die Inhalte super vermittelt.

 

Schiedsrichter zu werden in einem Drei-Tages-Kurs. Funktioniert das eigentlich?

Johannes Bechmann: Das funktioniert sogar sehr gut. Früher wurden die Kurse über fünf oder sechs Wochenenden abgehalten. Natürlich kann man da mehr ins Detail gehen, das Ergebnis ist aber dasselbe. Heutzutage ist Zeit ja ein seltenes Gut. Der Verband liegt daher richtig, den Kurs auf drei Tage zu verknappen.

 

So kennt man ihn: Joe Bechmann (unten) bei einer Grätsche in einem Spiel des FC Sand aus der vergangenen Serie.

 

Wie hat sich denn das Teilnehmerfeld zusammengesetzt?

Johannes Bechmann: Ich weiß nicht, ob es überhaupt einen klassischen Anwärter gibt, den man in irgendeine Schublade stecken kann. Wir waren ein bunt gemischter Haufen. Da war vom Elf- bis zum 50-Jährigen alles dabei.  

 

Gab es Lehrinhalte beziehungsweise Regeln, die Ihnen noch gar nicht geläufig waren?

Johannes Bechmann: Als Fußballer weiß man natürlich, wie das Spiel funktioniert. Aber ich denke trotzdem, dass die wenigsten aller Aktiven jemals ein Regelbuch in der Hand hatten. Bei manchen Sachen versteht man nun besser, was warum und wie geahndet wird, weil es im Regelwerk exakt so festgehalten ist.

 

Sie haben den Test mit voller Punktzahl bestanden, durchgefallen ist von den 13 Neulingen niemand. Fühlen Sie sich nun auch als richtiger Schiedsrichter?

Johannes Bechmann: Ich bin ehrlich: Komisch ist das schon noch. Es haben ja auch Personen in meinem Umfeld mitbekommen, dass ich den Kurs absolviert habe. Gerade am Anfang bin ich oft darauf angesprochen worden, aber so richtig als Schiedsrichter fühle ich mich noch nicht. Aber ich denke, dass wird nach dem ersten gepfiffenen Spiel ganz anders sein.

 

Man wird Sie also tatsächlich als Schiedsrichter in Aktion erleben?

Johannes Bechmann: Natürlich. Es macht keinen Sinn, einen Schein zu besitzen und nichts dafür zu tun. Wer einen Führerschein macht, will ja irgendwann auch mal Auto fahren. Und natürlich will ich sehen, ob ich das kann. Es hilft mir zwar sicherlich, schon viele Partien als Spieler bestritten zu haben. Ob ich dann gleich ein guter Schiedsrichter bin, ist eine andere Frage. Von dieser Seite gesehen reizt mich das schon sehr.

 

Joe Bechmann mit Lehrwart Michael Demus (re.) nach dem bestandenen Theorie-Teil der Schiedsrichter-Prüfung.

 

Welche Linie werden Sie als Schiedsrichter vertreten?

Johannes Bechmann: Das kann ich jetzt so genau gar nicht sagen. Als Spieler findet man es wohl immer besser, wenn ein Schiedsrichter viel laufen lässt, um einfach den Spielfluss zu gewährleisten. Aber als Schiedsrichter fehlt mir die Erfahrung, zudem hängt das ja auch immer von den beiden Mannschaften ab. Ich denke, da gibt es keinen Königsweg.

 

Hat der Kurs zur Folge, dass Sie Entscheidungen des Unparteiischen besser akzeptieren können?

Johannes Bechmann: Ja, hat er tatsächlich. In Schiedsrichter-Kreisen hat sich meine Teilnahme natürlich schnell rumgesprochen. Ich   habe schon das Gefühl, dass man auf einer anderen Ebene kommuniziert. Egal ob jetzt vor, während oder nach dem Spiel. Und auf der anderen Seite kann man einzelne Entscheidungen des Schiedsrichters wesentlich besser nachvollziehen, weil man eben die Regeln genau kennt.

 

Würden Sie Ihren Mannschaftskollegen einen Kurs nahelegen?

Johannes Bechmann: Absolut, jederzeit. Am Anfang hört sich das natürlich immer recht trocken an. Eine Regel ist eine Regel, da gibt es relativ wenig Spielraum. Aber letztendlich bringt es jedem etwas. Man hat auch als Schiedsrichter gewisse Vorteile, zum Beispiel freien Eintritt bis hoch zur Bundesliga. Auf der anderen Seite bringt es den Vereinen natürlich auch viel. Jeder Verein ist ja eigentlich dazu verpflichtet, für jede aufstiegsberechtigte Mannschaft einen Schiedsrichter zu stellen und muss eine Strafe zahlen, falls er es nicht macht. So gesehen ist es eine Win-Win-Situation für alle – Spieler, Schiri und Verein.

 

Quelle: anpfiff.info

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